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Ein Mann, eine Frau und ein Hund sitzen zusammen.
Laut Wahrscheinlichkeitslehre stehen die Chancen gut, dass wir hier einen Cis Mann und eine Cis Frau sehen. (Unsure about the dog.) © 2018 Pixabay

Was ist ein Cis Mann? Oh, das bin ja ich!

Die meisten Menschen sind cisgender. Diese zwei Personen sind höchstwahrscheinlich ein Cis Mann und eine Cis Frau.
Laut Wahrscheinlichkeitslehre stehen die Chancen gut, dass wir hier einen Cis Mann und eine Cis Frau sehen. (Unsure about the dog.) © 2018 Pixabay

Viele von euch scheinen sich zu fragen, was ein Cis Mann oder eine Cis Frau* sein soll. Zugegeben: Ich wusste es lange auch nicht. Welch Ironie, denn ich selbst zähle zu dieser Kategorie. So wie die Mehrheit aller Menschen.

Cisgender: Dem „Normalen“ einen Namen geben

Ein Cis Mann oder eine Cis Frau ist eine Person, deren Geschlechtsidentität sich mit dem Geschlecht deckt, das bei der Geburt zugewiesen wurde. Mir wurde beispielsweise das männliche Geschlecht zugewiesen und so lebe und fühle ich mich auch.

Hinter der Silbe „cis“ steckt ein kluger Gedanke. „Cis“ bedeutet „diesseits“ und wurde Anfang der Neunziger vom Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch als Gegenbegriff zu „trans“, was „jenseits“ bedeutet, geschaffen.

Wenn es einen Begriff gibt, der Transsexuelle bezeichnet, müsse es auch einen Begriff geben, der Nicht-Transsexuelle bezeichnet, so Sigusch. Allein das Argument der Masse – die meisten Menschen sind ja cis – reicht nicht aus, um einen „Normalzustand“ unbenannt zu lassen. Im Gegenteil: Wie kann ein so weit verbreitetes Phänomen keinen Namen haben?

Der Gedanke dahinter ist also nur fair: Wir sollten nicht nur die Phänomene bezeichnen, die nach unserer Auffassung von der Normalnorm abweichen, sondern auch der Normalnorm einen Namen geben. So verringern wir die Gefahr, Menschen zu stigmatisieren. Denn nur weil die meisten Menschen cis sind, heißt das nicht, dass es selbstverständlich ist.

Cis Mann ≠ Trans Mann

Im ursprünglichen Sinne bedeutet „Cis Mann“ also erstmal nur, dass man kein Trans Mann ist. „Cis“ bezeichnet außerdem keine sexuelle Orientierung und hat auch nichts mit Sexualität zu tun. Wenn man nur von Frauen und Männern spricht, müssen es nicht gleich Cis Männer und Cis Frauen sein.

Es ist generell schwierig, Genderidentitäten zu labeln. Begriffe bedeuten immer auch eine Abgrenzung und eine scharfe Abgrenzung voneinander ist häufig schwierig, weil die Grenzen fließend sind. Beispielsweise gibt es Männer, die per Definition cis sind, aber anders als die meisten nicht genderkonform in unserer heteronormativen Gesellschaft leben. Zum Beispiel indem sie Röcke tragen. Deshalb sind sie aber noch lange nicht trans. Ihr Auftreten stimmt nur nicht mit unserer gesellschaftlichen Erwartung überein.

Gut gemeint, aber selten praktisch

Außerhalb akademischer Kreise wird der Begriff eher selten genutzt. Auch im Duden ist er (noch) nicht. Vermutlich liegt das weniger an der Sinnhaftigkeit als am praktischen Nutzen. Im Alltag geht es doch eher um die sexuelle Orientierung – ob jemand heterosexuell, homosexuell, bisexuell ist oder um deren Identität (transsexuell, intersexuell etc.). Ob man eine Frau oder ein Mann ist. Und nicht, ob mein Geschlecht zur Geburt mit meiner Genderidentität übereinstimmt.

Zudem ist der Begriff problematisch, weil er Heterosexuelle und Homosexuelle bzw. Bisexuelle in einen Topf wirft. Während die meisten Heterosexuellen genderkonform leben, ist das bei einigen Homosexuellen nicht der Fall. Deshalb kämpfen sie mit Vorurteilen und Stigmatisierungen, was Heterosexuelle in der Regel nicht müssen. Da stellt sich die Frage, ob es dann noch relevant ist, dass ein schwuler Mann, der als Mann lebt, bei seiner Geburt auch als männlich identifiziert wurde.

Problematisch ist „Cisgender“ letztlich auch deshalb, weil Gender und Sex nicht binär sind. Nicht alle Menschen können sich mit der Dichotomie von Frau und Mann identifizieren. Hierzu das Missy Magazine:


Es gibt Menschen, die intersexuell sind, keinem oder zwei biologischen Geschlechtern angehören. Und es gibt Menschen, die sich als nicht-binär und damit – ungeachtet ihrer Genitalien – weder als Mann noch als Frau begreifen. Mal verorten sie sich „zwischen“ den Geschlechtern, mal außerhalb dieser Zweiteilung.

Valerie-Siba Rousparast, 15.02.2017

Mein Fazit wäre deshalb: Gut zu wissen, was es bedeutet, wenn man es mal liest. Aber in der Lebensrealität der Menschen vielleicht nicht immer die beste Kategorie.

*Der Einfachheit halber lasse ich es bei dieser Schreibung. Noch häufiger lese ich „cis Mann“ bzw. „cis Frau“, manchmal auch „cis-Mann“ bzw. „cis-Frau“ oder „Cis-Frau“ bzw. „Cis-Mann“, seltener „Cismann“ bzw. „Cisfrau“. Eingedeutscht auch „zis“.

Siehe auch:
Das Queer-Lexikon des Tagesspiegels
Missy Magazine: Was heißt denn Cisgender?
Alles queer, oder was? – Glossar auf magazin.hiv

17 thoughts on “Was ist ein Cis Mann? Oh, das bin ja ich!

  1. Aha, „transsexuell“ und „cissexuell“ stehen jetzt also für die sexuelle Orientierung und gehören seit Neuestem in eine Schublade mit homo, hetero und bi? Und warum sollte es für schwule Männer nicht wichtig sein, dass das ihnen bei der Geburt zugeordnete Geschlecht auch zu ihrer empfundenen Geschlechtsidentität passt. Das ist doch gerade umso wichtiger, wenn bestimmte (vermeintlich) „typisch schwule“ Rollenmuster gesellschaftlich als „effeminate“ wahrgenommen werden. Gerade dann braucht es doch Denkkategorien, die den Gedanken zulassen, dass ein Mann, der auf andere Männer steht, deshalb nicht weniger „Mann“ ist als ein beliebiger Cis-Hetero. Nicht der Cis-Begriff wirft Identität und sexuelle Orientierung in einen Topf, sondern allenfalls dieser Artikel.

    1. Liebe Theresa C., danke für Ihren Kommentar – und den Hinweis auf meinen Fehler im Text. Bei der Aufzählung habe ich am Ende wohl vergessen, dass ich vorher „sexuelle Orientierung“ geschrieben habe. 🙂 Die Textstelle werde ich entsprechend korrigieren. Und auch was den Rest Ihres Arguments angeht, haben Sie recht. Natürlich ist der Cisbegriff für Homosexuelle nicht weniger wichtig als für Heterosexuelle, im Gegenteil. Was ich mit der Bewertung am Ende meines Artikels nur zum Ausdruck bringen wollte: Manche Cis-Homosexuelle fühlen sich vielleicht nicht richtig repräsentiert, OBWOHL sie kategorisch gleich sind wie Cis-Heterosexuelle. Der Grund: Ihre Lebenswirklichkeit ist eine andere. Während Cis-Heteros als Norm betrachtet werden und praktisch nie damit konfrontiert werden, ist es bei Cis-Homosexuellen meistens genau andersrum – erst recht, wenn sie nicht genderkonform leben. Ich hoffe, das macht es etwas klarer.

  2. Aus meiner Erfahrung ist es für die allermeisten Menschen relevant, mit welchem oder ob sie sich mit einem Geschlecht identifizieren. Dabei kann der Begriff „Cis“ allen Menschen, egal welchem Geschlecht sie sich zuordnen helfen sich selbst und andere Menschen besser kennenzulernen. Wenn wir mehr darüber im Alltag reden, wie wir uns selbst und andere sehen und verstehen, führt das aus meiner Sicht dazu, dass ich mich selbst und andere besser verstehe.Dann kann ich mich auch gut fühlen, so wie ich(!) mich sehe und nicht andere es wollen.

    -Geschrieben von einem Menschen der männlich groß geworden ist und den Begriff für sich selbst als unangenehm wahrnimmt.

    1. Ich muss mich nicht bessers kennen lernen über den Begriff „cis“. Ich kenne mich schon und die meisten kennen sich genauso gut und brauchen keinen solche Begriff zu wissen / versteehen, ob sie ein Mann oder eine Frau sind!

  3. Es gibt nur „Frau“ und „Mann“. Aber auf der Erde leben ca. 8‘000‘000‘000 Menschen. Und da jede Person anders ist, kann man von ebenso vielen „Geschlechtern“ reden. Dieses alberne Cis und Trans schafft nur unnötig weitere Schubladen.

  4. Was ist „Mann“ und was ist „Frau“? Da gibt es keine Definition, ausser die biologische. Auf der Erde leben 8’000’000’000 Menschen. Das bedeutet, dass es ebenso viele verschiedene Charaktere gibt. Allein deshalb erachte ich es sogar als faschistisch, hier Schubladen zu schafen. Ich bin biologisch männlich, aber ich darf auch typisch feminine Eigenschaften ausleben, ohne dass ich in eine Trans- oder Non-Binär Kategorie eingegliedert werde. Das schubladisieren von Menschen schaft nur weitere Probleme, anstatt sie zu lösen.

    1. Dem Stimme ich voll und ganz zu!
      Einfach Unnötig und verkompliziert das ganze!
      Anstatt die Ding einfacher zu machen, verkomplizieren wir sie immer mehr.
      Schrecklich!

    2. Sie haben das noch nicht ganz verstanden.
      Bitte es gibt außer dem biologischen Geschlecht (welches sich in genetisches, gonadales,hormonelles und anatomisches aufgliedert). Dies wird nach der Geburt aufgrund von gesellschaftlichen Normen zugewiesen. Desweiteren gibt es ein soziales Geschlecht (wird von jedem Menschen selbst bestimmt, die Grundlage ist die Geschlechtsidentität).
      Fühle ich mich nicht als Mann oder Frau und habe trotzdem die biologischen Faktoren „erfüllt “ (wobei ja auch da innerhalb wieder Unterschiede sind; manch Mensch hat mehr Testosteron als ein anderer oder die körperform weicht von der gesellschaftlich erwarteten Form ab obwohl alle äußerlichen Merkmale als Mann/ Frau deutbar sind).
      Von daher sind die Begriffe durchaus relevant. Oder möchten Sie als Maus betitelt werden, obwohl sie optisch und gefühlsmäßig ein Elefant
      sind?

  5. @Peter Vögeli und Alle anderen die den Hintergrund noch nicht verstehen.
    Die Strukturen, gerade in der Medizin bei Geburt + Co, lassen nur männlich und weiblich zu. Alles geht immer nur um Herr und Frau.
    Aus meiner Sicht gibt es viele Versuche Menschen, die eben keine Krankheit sind, sondern lebender Beweis für die Diversität der Menschheit, sichtbar zu machen. Das läuft über Sprache. Und die Kämpfe der Betroffenen stossen eben weitere emanzipatorisch denkende Menschen an, die dann Stellvertreterkämpfe für die Betroffenen führen, sich mit Ihnen solidarisieren.

    Ein Teil der Leute die all die sogenannten Genderdebatten etc. ablehnen, scheinen es einfach nicht blicken zu wollen und denken vielleicht von all den Menschen sie seien grün-links versifftes Pack (menschenverachtende Ansichten sind defintiv uncool). Und Sie zeigen leider auch, dass Sie die Thmeatik einfach nicht blicken, sonst würden Sie nicht so angegriffen reagieren und es einfach verstehen.

  6. „Wenn es einen Begriff gibt, der Transsexuelle bezeichnet, müsse es auch einen Begriff geben, der Nicht-Transsexuelle bezeichnet, so Sigusch.“

    Es gibt schon längst Begriffe dazu. Mann und Frau!

    ‚Allein das Argument der Masse – die meisten Menschen sind ja cis – reicht nicht aus, um einen “Normalzustand” unbenannt zu lassen. Im Gegenteil: Wie kann ein so weit verbreitetes Phänomen keinen Namen haben?“

    Sie oben. Dummes Argument! Mit dieser cis-Benennung will man nur vom „normalen“ ablenken.

    „Der Gedanke dahinter ist also nur fair: Wir sollten nicht nur die Phänomene bezeichnen, die nach unserer Auffassung von der Normalnorm abweichen, sondern auch der Normalnorm einen Namen geben. “

    Das Nomale hat schon längst einen Namen und dieser Name wird auch schon milliardenfach angewendet!
    Mann und Frau! So einfach!

  7. Ich fühle mich durch die Bezeichnung „Cis“..Beleidigt ..gewertet..
    Ein Mensch ist ein Mensch !
    Alter .. Geschlecht..Herkunft nichts sollte eine Rolle spielen.

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